Alarmstufe Rot

Bei sonnigen 24 Grad und schlecht gepflegtem Rasen lud der FC Neumünster am Sonntag, 7. September 2025, 12.00 Uhr, seinen Sportplatzrivalen FC Witikon zum Derby in der frisch angebrochenen Meisterschaft ein. Die Zuschaueranzahl fiel entsprechend etwas höher als üblich aus, darunter gesellten sich ein verspielter Hund und einige wenige – aus dem nahegelegenen Zürcher Zoo entlaufenen – wirbelose Geschöpfe, welche lautstark für den FC Witikon buhlten und sich in bester Fair-Play-Manier direkt neben die FCN-Spielerbank platzierten. Mit von der Partie war einmal mehr auch Looren-Urgestein „Mani“ Manfred, welcher im FC Neumünster-Retro-Trikot glänzte und ausschliesslich für Grün-Weiss jubelte. Darüber hinaus war auf genannter Neumi-Bank ein neues Gesicht zu erblicken. Es kann freudig die Verstärkung durch den neu gewonnenen Co-Trainer Hanif Merdzani verkündet werden, welcher künftig im Duett mit Ville Westerberg den Ton bei den Neumünsteranern angeben wird. 

Die Devise für das anstehende Spiel war insofern klar. Es galt die disziplinierte Leistung aus dem letzten Meisterschaftsspiel gegen den FC Seefeld zu bestätigen, einheitlich und kampfbetont anzutreten und vermehrt konsequente Angriffe zu lancieren. 

Die Anfangsminuten gingen dabei klar zu Gunsten von Neumünster. Bereits in der ersten Minute bugsierte Koch den Ball seinem linken Fuss knapp über die Latte ins Aus. Lediglich drei Minuten später liess sich Sadiku nicht zwei Mal bitten und schloss nach Flanke in den 16er von Neuzugang Thöni per Direktabnahme mit dem rechten Innenrist ab – diesmal unter die Latte ins obere linke Innennetz. 1:0 Neumi – Start nach Wunsch! 

In der übrigen Spielzeit der ersten Halbzeit durften die Zuschauer ein ausgeglichenes Spiel beäugen. Neumi agierte kompakt und unterband konsequent das Aufbauspiel der Witiker. Letztere wurden lediglich nach Eigenfehlern im Aufbau- oder Stellungsspiel des FCN oder nach Gewinn der zweiten Bälle gefährlich – wobei sie letztlich auf auf die geschickt stehende Neumi-Verteidigung und Goali Struchen keine Lösungen fanden. Brandgefährlich wurde es auf Neumi-Seite nach einem Freistoss aus dem Halbfeld von Koch, wobei der in den Witiker-16er freistürmende Egli nach Kopfball über die Querlatte nur knapp den Ausbau der Führung verpasste. Generell kann dabei festgehalten werden, dass in der Luft die Neumi-Hünen regierten. Auf Witiker-Seite war es hingegen wiederholt Meyer, welcher über die linke Flanke wirbelte und seine Mitspieler im FCN-16er oftmals vergeblich suchte. Für einmal setzte dann der Witiker-Kapitän Kasumaj den Ball nach Einzelleistung per Weitschuss an den linken Aussen-Pfosten und verpasste damit knapp den Ausgleichstreffer. In Sachen Scheitern tat es ihm auch Rot-Weiss-Stürmer Muhl gleich, welchem es nicht gelang den Ball am herausgeeilten Grün-Weiss-Goali Struchen ins Tor vorbeizuschieben. Nach den überstandenen Witiker-Angriffwellen war dann kurz vor Pausenpfiff wieder Neumi am Drücker, wobei sich erneut Flügelstürmer Thöni nach Doppelpass mit Sadiku in Szene dribbelte und den Ball knapp neben den rechten Pfosten ins Aus setzte. Damit ertönte der Pausenpfiff und es blieb zur Halbzeitpause beim 1:0 für Neumünster. 

Der Beginn der zweiten Hälfte fand weitestgehend im Mittelfeld statt und war geprägt von bissigen Zweikämpfen. Neumi verwaltete entschlossen und gewohnt kampfbetont die Führung und gab den Witikern dadurch kaum erfolgsversprechende Aussichten auf einen Punktgewinn. In der 58. Minute brach schliesslich ein Tumult aus. Ursächlich dafür war eine gelbwürdige Grätsche von Neumi-Verteidiger Johnny „the gun“ Almene gegen die Beine des Witiker-Flügelstürmers Meyer kurz vor dem Neumi-16er. Meyer schien daran keinen Gefallen zu finden, sprang sofort auf und ging Almene zuerst mit der Brust und anschliessend mit dem Kopf voraus gegen dessen Kopf an. Almene stiess Meyer mit den Händen gegen dessen Hals von sich, wobei sich Meyer unverzüglich und gar theatralisch zu Boden fallen liess. Shithousery vom Feinsten! Von dieser sekundenschnellen Verwandlung Meyers vom Provokateur zum sterbenden Schwan schien ausgerechnet der Schiedsrichter ganz verblendet. Trotz bester Aussicht auf dieses Schauspiel war von Fingerspitzengefühl keine Spur. Gelb für Meyer, direkt Rot für Almene!? In Anbetracht des Auftretens des vergleichsweise jungen Schiedsrichters – oder um es in den Worten des lauffreudigen Neumi-Stürmers Müller zu sagen; in Anbetracht seiner „Aura“ – kann vermutet werden, er habe in einer durchzechten Nacht von Samstag auf Sonntag seine Linie samt Gefühlssinn in den Fingerkuppen am Bar-Tresen zurückgelassen. Jedenfalls war der Platzverweis ein herber Schlag für die Neumünsteraner, die hernach ihre Formation wechselten und nach wie vor an ihrem Spielplan festhielten. So trat „Super-Sexy-Sergio“ Sivec – nachdem er sich vom vormaligen Sturz auf die Witiker-Ersatzbank erholt und sich seinen Mund mit Seife gewaschen hatte – in der 69. Minute zum Freistoss aus dem Halbfeld an und bugsierte den Ball in Richtung Witiker Strafraum. Es folgte ein Befreiungsschlag und der Ball fand seinen Weg zum Witiker Brunnschweiler, welcher sich auf dem rechten Flügel energisch an zwei Neumi-Spielern seitlich in den 16er vorbeitankte und gar noch die Kraft fand den Ball an Goali-Struchen ins lange Eck vorbeizuschiessen. Anschauliche Einzelleistung!

Vom Ausgleichstreffer beflügelt intensivierten die Witiker fortan ihre Angriffsbemühungen. Nach wie vor bissen sie sich aber die Milchzähne (Durchschnittsalter bei 21.56 Jahren) an den Verteidigungslinien von Neumi (Durchschnittsalter bei 30.71 und damit glatt als Einheit für die Senioren spielberechtigt) aus oder tappten wiederholt in die FCN-Abseitsfallen. Entsprechend durften die Zuschauer ein nach wie vor kampfbetontes Spiel betrachten, bei welchem es beidseitig zu mehreren Foulpfiffen kam. Ein Foulpfiff in der 85. Minute ist dabei besonders hervorzuheben. Offensivakteur Sadiku fand sich nach Defensivarbeit auf dem rechten Flügel wieder und setzte zur etwas ungestümen seitlichen Grätsche gegen den ballführenden Witikon-Kapitän Kasumaj an. Letzterem gelang es gerade noch so den Ball wegzuspitzeln und folglich traten die langen Beine von Sadiku den quirligen Mann statt den runden Ball. Der Schiedsrichter sah damit ein Foulspiel von Grün-Weiss und zückte glatt Rot. Diesen Automatismus dürfte er sich der Einfachheit halber beim vormals umschriebenen Tumult gemerkt haben. Müsste Neumi-Kapitän Egli der Grätsche ein Label geben, hiesse dieses „dangerous but not reckless“ und hätte eine regelkonforme gelbe Karte zur Folge gehabt – mehr aber nicht.  Ein Jammer für die Grün-Weissen!

Damit fanden sich die Neumünsteraner nur noch zu neunt wieder. So standen die Räume in den Schlussminuten etwas gar offen und es kam wie es wohl kommen musste. FCN-Goali Struchen parierte in der 88. Minute einen Schuss Witikons mit seinen Füssen weg vom Tor, wobei der zur Halbzeit eingewechselte Witiker-Mittelfeld-Akteur Dionisio Escobar goldrichtig im 16er stand und erfolgreich zum 1:2 Führungstreffer für Witikon abstauben konnte. Damit avancierte dieser mitsamt tatkräftiger Unterstützung des Offiziellen zum Match-Winner und bescherte den Witikern die drei hart umkämpften Punkte. Eine sehr bittere Pille für Neumi nach durchaus ansprechender Leistung. 

Trotz dieses Rückschlags können die Neumünsteraner aber auf die gezeigte Leistung aufbauen und mit Zuversicht auf die kommenden Spieltage blicken. Insbesondere bei hoffentlich baldigem Zugriff auf das gesamte Kader dürfte das Meisterschaftsziel eines Mittelfeldplatzes in (sehr) greifbarer Nähe liegen. Auf diesem Weg erfreut sich der FC Neumünster über tatkräftige Unterstützung der Zuschauer und lädt am Dienstag, 16. September 2025, 20.15 Uhr, ausnahmsweise auf dem Sportplatz Herrenschürli herzlich zum Genuss der Fussballkunst aus dem Kreis 7 gegen den Racing Club Zürich ein.